Frühlingswind



15 MAI 14

Da waren wir, die Besucherinnen und Besucher im Anna-Stift am 14. Mai aber schon sehr gespannt, was uns „ Dein Theater“, die kleine ungemein einfallsreiche Theatergruppe („Wortkino“) aus der Werastraße in Stuttgart da so alles präsentieren würde! Schließlich waren wir ja alle schon ziemlich vorgerückten Alters und nun das: Frühling und Gefühle!

Gleich in den ersten Beiträgen gab es davon eine geballte Ladung: Sonnenstrahlen, linde Lüftchen, Schmetterlinge, Osterhäschen, Vogelgezwitschern, Blütenzweige, Veilchen, Lämmchen, Bienensummen. Vorgezeit, vorgetragen, vorgesungen von zwei der insgesamt drei Darstellerinnen. Es fehlte an nichts: Duftig aufgebauschte Flattergewänder, schwärmerischer Tonfall, verzückter Augenaufschlag und gerade so viel liebevolle Übertreibungen, dass man schmunzeln musste – ja, all das wird bei
Uns zur Beschreibung des Frühlings gerne aufgelistet.
Und dann kam die reizende alte Dame, die sich auf ihr bisheriges Leben zurück besinnt – man hätte ihr laut zustimmen wollen: Immer hat sie auf irgendwas gewartet!
Als Kind auf Weihnachten, auf die Ferien, später auf die Post (Feldpostbriefe?), auf ein Telefonklingeln, auf Enkel, auf Genesung von einer Krankheit, darauf, dass nachts die Türe geht und der Mann Wieder hei (vielleicht von einer Sitzung?) zurück ist.
Kaum ist ein Warten vorbei, ist sie schon wieder in Wartestellung – und sei es jetzt im
Alter auf die Zeitung und den Frühstückskaffee. – Kenne wir das nicht alle? –
Warum freuen wir uns nicht an dem was gerade eingetreten ist – Kaffee und Zeitung - statt gleich wieder zu warten, ob heute wohl der Enkel zu Besuch kommt?

Zwei wunderbare Szenen zum Schluss: Als Erstes die beiden seit den Jugendtagen miteinander verbundenen Freundinnen: Eher kleinmütig die Eine, wehmütig an die Jugend zurück denkend, bekümmert betrachtet sie ihre jetzige Situation im Alter.
Tapfer und zuversichtlich die Andere, vom Typ „mach das Beste draus“, die ihrer Herzensfreundin gut zuredet („es wird im Leben dir mehr genommen als gegeben…“).
Hier, wie auch an anderen Stellen konnten wir Zuschauer fröhlich in alt bekannte Lieder mit einstimmen.

Und dann das alte Paar – beide wackelig auf den Beinen, in Erinnerungen kramend und Vergleiche anstellend: Früher, ach ja! Und jetzt: oh je! Wie sie ihre jetzige Lage heiter, mit einem Augenzwinkern akzeptieren und sich an dem freuen was noch möglich ist.

War das eine Aufforderung an uns, mit einem Augenzwinkern uns selbst auf die Schulter zu tippen und es den beiden nachzumachen?

Renate Pauschmann